Bestattungswunsch des Verstorbenen hat Vorrang vor Angehörigenwünschen
Eine Tochter hatte ihre verstorbene Mutter entgegen deren ausdrücklichem Wunsch nicht in einem Rasengrab, sondern in einem Reihengrab mit Grabstein bestatten lassen. Die Verstorbene hatte zu Lebzeiten explizit den Wunsch nach einer Bestattung in einem „Wiesengrab“ geäußert. Dennoch wählte die bürgergeldbeziehende Tochter eine kostenintensivere Bestattungsform, ignorierte den Bestattungswunsch und beantragte anschließend die Kostenübernahme von rund 3.600 Euro beim Sozialhilfeträger.
Der konkrete Fall verdeutlicht die rechtlichen Grenzen bei der Kostenübernahme durch Sozialhilfeträger. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen stellte in seinem Urteil vom November 2024 klar, dass der Bestattungswunsch des Verstorbenen grundsätzlich Vorrang vor den Vorstellungen der Angehörigen hat. Diese Entscheidung betrifft insbesondere Fälle, in denen Sozialhilfeträger die Kosten für Bestattungen übernehmen sollen.
Das Gericht verwies auf § 74 des Sozialgesetzbuchs, wonach Sozialhilfeträger nur dann Bestattungskosten übernehmen müssen, wenn den Verpflichteten die Kostentragung nicht zugemutet werden kann. Dabei müssen die Kosten jedoch „erforderlich“ sein. Diese Erforderlichkeit richtet sich nach angemessenen Wünschen sowohl der Bestattungspflichtigen als auch der Verstorbenen.
Die Richter betonten, dass bei widersprüchlichen Vorstellungen zwischen Verstorbenen und Angehörigen die Wünsche der Verstorbenen Priorität haben, sofern diese angemessen sind. Die Entscheidung berücksichtigt dabei die Menschenwürde, die auch nach dem Tod Beachtung finden muss. Religiöse Bekenntnisse und kulturelle Aspekte fließen ebenfalls in die Bewertung ein.
Im vorliegenden Fall widersprach die Bestattung im Reihengrab mit Grabstein dem klar geäußerten Wunsch der Verstorbenen nach einer Rasengrabbestattung. Rasengräber zeichnen sich durch gemeinsame Bestattungsplätze ohne individuelle Grabstellen oder Grabsteine aus und verursachen deutlich geringere Kosten als Reihengräber.
Das Gericht stellte zusätzlich fest, dass ein mehr als zehn Monate nach der Beerdigung beauftragter Grabstein nicht mehr zur ersten Grabausstattung gehört, für die Leistungen nach § 74 des Sozialgesetzbuch möglich sind. Diese zeitliche Komponente spielt eine wichtige Rolle bei der Bewertung der Erforderlichkeit von Bestattungskosten.
Die Entscheidung hat praktische Auswirkungen für Bestattungsunternehmen und Angehörige. Bestattungsunternehmen sollten frühzeitig klären, ob konkrete Bestattungswünsche der Verstorbenen vorliegen und diese dokumentieren. Die Beratung der Angehörigen muss diese rechtlichen Aspekte berücksichtigen, insbesondere wenn eine Kostenübernahme durch Sozialhilfeträger erforderlich wird.
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer rechtzeitigen Bestattungsvorsorge. Eindeutig dokumentierte Wünsche der zukünftigen Verstorbenen schaffen Rechtssicherheit und vermeiden spätere Konflikte zwischen Angehörigen und Sozialhilfeträgern. Die Klägerin hat Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht eingelegt, wodurch eine höchstrichterliche Klärung möglich bleibt.
Fotos: Baron Von Fedorov / pusteflower9024