Sarglose Bestattung ist nur bei entsprechender Glaubensregel zulässig
Von unseren islamisch geprägten Landsleuten kennt man es: Eine Beisetzung im Leichentuch und ohne Sarg. In Hannover kann man das zum Beispiel auf dem Stadtfriedhof Stöcken problemlos so umsetzen. Doch wie schaut es aus, wenn Mitglieder einer Glaubensgemeinschaft ebenfalls eine sarglose Bestattung haben möchten – ist das möglich?
Das Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat mit seinem Urteil vom September 2019 entschieden, dass ein Ehepaar nach dem Tod nicht auf dem Friedhof der beklagten Gemeinde ohne Sarg in einem Leintuch bestattet werden darf. Wie kam es dazu?
In seiner Entscheidung machte das Gericht ganz deutlich, dass Verstorbene, deren Religionszugehörigkeit eine Bestattung ohne Sarg vorsieht, in Tüchern erdbestattet werden dürfen, sofern keine gesundheitlichen Gefahren zu befürchten sind. Und eigentlich sei die Regelung bei einer Auslegung im Licht des Grundgesetzes nicht unbedingt nur auf Angehörige der muslimischen Religionsgemeinschaften beschränkt. Die Religionszugehörigkeit der Kläger sehe aber eine Bestattung ohne Sarg nicht vor. Tatsächlich war es den Klägern während der Verhandlung nicht gelungen, die Existenz einer Glaubensregel ihrer Religionsgemeinschaft darzulegen, die diese Bestattungsart vorschreibt.
Dabei hatten sich diese darauf berufen, dass die Erdbestattung in einem Leintuch ein urchristlicher Ritus sei, der heute unter anderem noch bei der christlich-koptischen Glaubensgemeinschaft gegenwärtig sei. Er leite sich direkt aus der Bibel ab. Täufling und Leichnam würden danach nur in ein Leintuch gehüllt. Dies entspreche auch der Grablegung Jesu. Die Muslime hätten diesen ursprünglichen Bestattungsritus bewahrt. Dass Christen anders als Muslime im Holzsarg beerdigt würden, sei nur der Tradition geschuldet. Im Mittelalter sei die sarglose Bestattung demgegenüber noch üblich gewesen und werde bis in die Gegenwart bei Kartäusern und Trappisten praktiziert.
Die Kläger hatten in der mündlichen Verhandlung dann jedoch deutlich gemacht, dass ihr Wunsch nach einer sarglosen Bestattung nicht wirklich auf einem Glaubenssatz beruhe, sondern emotional begründet sei. Es würde sie nicht in Gewissensnot bringen, sich im Sarg bestatten zu lassen, sie hätten aber einfach ein besseres Gefühl bei einer sarglosen Bestattung.
Dieser so motivierte Wunsch der Kläger genügt nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht zur Begründung eines Anspruchs auf eine sarglose Bestattung im Leintuch. Es handele sich auch um keine unzulässige Diskriminierung wegen religiöser Anschauungen, so die Karlsruher Richter. Es ginge vielmehr um eine sachlich gerechtfertigte Abgrenzung zu individuellen Wunschvorstellungen.
Foto: Fertas