Anonyme Bestattung in Empelde, Ronnenberg und Hannover
Der einzige Ausweg aus der Entwicklung des so genannten „Reformfriedhofs“ – die dazu führte, dass sich Friedhöfe in streng reglementierte, „schematische Steinwüsten“ wandelten – wurde für immer mehr Bürger ab Mitte der 1970er-Jahre die anonyme Bestattung.
Bedingt durch die ganz anders geartete Bestattungskultur in der ehemaligen DDR haben heute anonyme Beerdigungen in einzelnen ostdeutschen Städten einen Anteil von bis zu 70 Prozent an den gesamten Bestattungen. Und analog zur Feuerbestattung erreicht die anonyme Bestattung in Großstädten höhere Anteile als in ländlich geprägten Regionen – doch auch dort lassen sich mittlerweile längst Zuwächse beobachten.
Wurde schon durch die Friedhofsreform Anfang des 20. Jahrhunderts die Individualität des Totengedenkens drastisch reduziert, so löscht das anonyme Grab nun jegliche Form persönlicher Erinnerung auf den Friedhöfen. Die zeichenlose Beisetzung auf weitläufigen Rasenflächen markiert das Ende der auf das bürgerliche 19. Jahrhundert mit seinem Grabmalkult zurückgehenden Gedächtniskultur. Durch die kulturellen und technischen Entwicklungen treten zunehmend Pragmatismus sowie die Abkehr vom christlichen Glauben und herkömmlichen Normvorstellungen an die Stelle traditioneller Denk- und Verhaltensmuster.
Veränderte Familienstrukturen sowie die wachsende Mobilität der Menschen führen dazu, dass Grabpflege zunehmend als Belastung empfunden wird – die anonyme Bestattung löst dieses Problem durch die Entpflichtung von der Grabpflege. Für viele scheint eine emotionale Bindung an einen Erinnerungsort keinen Sinn mehr zu ergeben. Aber auch ökonomische Faktoren spielen zunehmend eine Rolle, schließlich ist die anonyme Grabstätte platzsparend und es entfallen neben den Kosten für die Grabpflege auch die Kosten für ein Stein/Grabmal.
Rasenreihengräber, die schon seit einigen Jahren auf den Friedhöfen in Hannover und Gehrden und seit April 2012 auch auf den Friedhöfen in Ronnenberg und Empelde angeboten werden, haben sich hier als echter Kompromiss bewährt: auf der einen Seite bedürfen sie keiner Grabpflege, auf der anderen Seite gibt es aber die Möglichkeit einer individuellen Kennzeichnung durch eine liegende Grabplatte.
Friedhöfe, die Rasenreihengräber anbieten berichten über einen Rückgang der anonymen Bestattungen bei einem gleichzeitigen Anstieg der Belegung von pflegearmen Grabstätten.