Seelhorst: Ein Reform-Friedhof in Hannover
Der Friedhof Seelhorst entstand 1919 als dritter Stadtfriedhof in Hannover. Er ist symmetrisch gegliedert, alle Wege sind rechtwinklig angeordnet. Auch die einzelnen Friedhofsabteilungen sind streng geometrisch im Stil eines architektonisch gestalteten Parkfriedhofs mit einer axialen Gestaltung. Dabei entspricht die über den Friedhof führende Lindenallee in den Abmessungen einer Allee im Berggarten in Herrenhausen. Seinem Gesamtcharakter nach repräsentiert er einen typischen Reformfriedhof – ein Paradebeispiel zeitgenössischer deutscher Planung Anfang des 20. Jahrhunderts.
Daran liegen die vom Architekten Konrad Wittmann entworfenen Bauten (zwei Kapellen, Krematorium, Betriebsgebäude), die dieser im expressionistischen Klinkerstil (Backsteinexpressionismus) der 1920er Jahre anlegte. Diesem Baustil entsprechen das Anzeigerhochhaus in Hannover und das Chilehaus in Hamburg. Das regte damals auch das Fachmagazin „Der Baumeister“ an, einen ausführlichen Bericht über diese prägnanten Friedhofsbauten zu veröffentlichen.
Wie es der Zufall manchmal so will, ist uns bei Cordes Bestattungen vor einiger Zeit ein Exemplar der Architekturzeitung in die Hände gefallen. Diese Ausgabe ist keine normale Ausgabe die eventuell Kaufhallen, Wohnhäuser oder Wolkenkratzer zeigt – nein, diese Ausgabe ist von 1925 und der Hauptartikel dreht sich um das fünf Jahre zuvor gebaute Krematorium Seelhorst; in der auch zwei formvollendete Kapellen untergebracht sind.
Anlass genug für uns, bei dem noch immer aktiven Verlag nachzufragen und uns die Genehmigung für einen „Abdruck“ zu holen. Mit der freundlichen Genehmigung des herausgebenden Callwey Verlages finden Sie hier also nun einige zeitgenössische Fotografien der über 90 Jahre alten Ausgabe.
Wir freuen uns jedes mal, wenn wir eine Trauerfeier oder eine Beisetzung auf diesem Friedhof durchführen dürfen – dieser Friedhof und besonders die Kapellen haben einen besonderen Charme von längt vergangenen Tagen. Obwohl dieser Bau in der Zeit der Deutschen Inflation (1913-1923) gebaut wurde, in der wahrlich nicht alle baulichen Vorhaben realisiert werden konnten, ist es dennoch ein beeindruckender Prachtbau, dem man seinem Alter von fast 100 Jahren nicht ansieht.
Neben dem noch älteren Friedhof im Stadtteil Stöcken nahe der Herrenhäuser Gärten ist Seelhorst einer der ansehnlichsten und gepflegtesten Friedhöfe der Stadt Hannover, der einen großen Teil zur Ehrung der Verstorbenen beiträgt. Der beste Weg, den Friedhof so kennen zu lernen wie er geplant wurde, ist über den alten Eingang am Hohen Weg: Ein großer Torbogen umrahmt von zwei kleineren Fußgängerdurchgängen endet jeweils in einem zweistöckigen mit weißen Holzfenstern versehen Backsteinhaus. Eine fast einschüchternd lange Allee endet vor der großen Kapelle und deren drei großen, mit Kupfer beschlagenen Türen.
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