Die Auswirkungen des Verlusts der Eltern: Eine tiefgreifende Erfahrung
Der Tod der Eltern ist eine der tiefgreifendsten Erfahrungen im Leben eines Menschen, unabhängig vom Alter. Es ist ein universelles Phänomen, das jedoch sehr individuell erlebt wird. Dabei geht es nicht nur um den Abschied von den geliebten Menschen, sondern auch ein Abschied von der eigenen Kindheit und den gemeinsamen Erinnerungen.
Erwachsene Kinder unterschätzen oft, wie stark der Tod der Eltern sie belasten kann. Obwohl sie unabhängig leben und sogar selbst Eltern sind, kann der Verlust der Eltern eine tiefgreifende Wirkung auf die Psyche haben. Der Tod der Eltern konfrontiert uns mit unserer eigenen Sterblichkeit und lässt uns die Bindung zu ihnen erkennen. Selbst in stabilen und liebevollen Beziehungen können Menschen sich nach dem Tod der Eltern völlig allein fühlen. Weil wir aber in unserer Gesellschaft das Thema Trauer gerne verdrängen, wissen wir kaum etwas darüber, wie stark der Schmerz wirklich sein kann.
Die Trauer um die Eltern kann verschiedene Formen annehmen. Häufig ziehen sich die trauernden Söhne oder Töchter eine Zeit lang zurück, brauchen den Raum und die Zeit für sich selbst: So können sie den Tod begreifen, mit ihren Eltern innerlich Zwiesprache halten, um so ihre Trauer zu verarbeiten – während andere sich in Gesprächen mit Freunden und Verwandten oder durch das Auflebenlassen von Erinnerungen mit dem Verlust auseinandersetzen.
Es kann auch zu Wut und Hass auf die Verstorbenen kommen, da natürlich keine Eltern perfekt sind und vermutlich auch mal Fehler gemacht haben. Manche Menschen idealisieren Vater oder Mutter, um die emotionale Trennung zu vermeiden, was jedoch die eigene Wahrnehmung der Realität einschränken kann.
Es ist auch möglich, dass sich Erleichterung mit der Trauer mischt, was in unserer Gesellschaft stark tabuisiert wird. Dies kann ganz verschiedene Gründe haben, wie die Beendigung von Konflikten oder die Entlastung von der Pflege. Gerade in der Pflege kommt es immer wieder zu Reibungspunkten. Die Eltern finden sich auf einmal in der Rolle der Hilflosen wieder, und ihre Kinder managen das Leben für sie. Doch das heißt nicht, dass die Eltern ihr Elternsein aufgeben und sich dem fügen, was ihre Kinder als das Beste ansehen. Manchmal kann daher der Tod auch eine Befreiung von einer „diktatorischen“ oder emotional abhängigen Beziehung sein.
Die Trauer um Vater oder Mutter kann auch Auswirkungen auf die Beziehungen der Hinterbliebenen untereinander haben. Sie kann belastend sein, wenn der Trauernde seine Wut auf andere Familienmitglieder auslässt – sie kann aber auch die Beziehung stärken, wenn beide Seiten empathisch und verständnisvoll miteinander umgehen.
Fotos: dikushin / NOVOZHILOV ANDREI