»Urnenwahl« Hannover. Ein ganz persönlicher Rückblick auf die Vernissage
Die Ausstellung „Urnenwahl“ im Mai 2014 hätte fast verspätet angefangen, da der Schlüssel in der Tür klemmte. Meine Verletzung an der Hand erwies sich nun als nicht besonders hilfreich. „Der Schlüssel klemmt, es geht nicht, wer hat die Tür doppelt verschlossen? Wie kommen wir jetzt rein? Was sollen die Leute denken? Wie spät ist es? Oh, ok, noch 45 Minuten. Was nun? Martin!“ Martin Wolfstein, war denn auch so nett, mir und Delia Theoklidis beim Öffnen der Tür behilflich zu sein.
„Tür auf! Einatmen, Sachen ablegen, ausatmen.“
Nach 30 Minuten: Tatsächlich der erste Gast unserer Vernissage. Ein junger Mann aus Braunschweig, sein Schneider hatte ihm von der Ausstellung erzählt. „Sein Schneider?! Den kenn ich doch. Woher? Warte, warte, warte, ich hab’s. Nicht. Woher kenn ich den? – ‚Hallo Herr von H., wenn Sie Fragen haben schießen sie einfach los. Kann ich Ihnen was zu Trinken anbieten?‘ “
In angespannter Andacht gehe ich durch die Räumlichkeiten, der erste Gast weiß nicht so recht was er mit sich anfangen soll. Ich biete ihm eine Zigarette an und ziehe mich mit ihm in den Nebenraum zurück. Wir unterhalten uns während Frau Theoklidis die weiteren Besucher in Empfang nimmt.
„Hallo, Willkommen, Ahh hi, hallo, heeeey, schön dass Du da bist!, Hallo, Guten Abend, Guten Abend, Hallo, kommen Sie rein, treten Sie ein, immer herein spaziert, …vielleicht ist ja noch Platz irgendwo, es gibt da noch einen zweiten Raum zum Ausweichen, Heeeey, Hallo, Guten Abend, Schön das Sie da sind, …“
Nach einiger Zeit kommt auch Sven Cordes, er bringt den Besuch aus Hamburg mit, Xenia Beliayeva und Mark Gutmann. Die Galerie ist voller Menschen, so voller Menschen, dass man kaum durchgehen kann. Die Leute wollen die Urnen anfassen und tun es einfach, was Delia Theoklidis wohl dazu sagt?
„Bitte nicht anfassen, danke, bitte nicht, nein, das ist sehr fragil, bitte nicht aufmachen, Vorsicht!, bitte nicht anfassen, das ist hochglanz-lackiert, da kommen sofort Fingerabdrücke drauf, Vorsicht, ja, bitte nicht anfassen, danke…“
Also nicht anfassen, dann muss ich versuchen die Besucher nett darauf hinzuweisen, die Urnen nicht anzufassen. Unglaublich wie viele Leute hier sind, gut dass es nicht regnet, dann können die wenigstens draußen stehen und rauchen, ach ja, drinnen kann man auch rauchen.
„Die Urne ist von Roksana Jachim, Frau Jachim hat die Urne bestickt und dafür jedes Loch einzeln gebohrt, jedes Loch drei mal und dann hindurch gestickt, bitte nicht anfassen, die Urne ist poliert.“
Die Urne von Roksana Jachim zählt auch zu meinen Favoriten. Simpel in der Optik und bestechend durch die Ausführung – genau mein Geschmack.
„Diese Urne ist von Klaus Weisse. Klaus Weisse erstellt sonst kleine Dioramen aus gefundenen Gegenständen und hat diese Urne mit Schwefel behandelt um den Rost auf der Urne zu erzeugen. …“
„Sven? Wo ist Sven? Wollte er nicht etwas zur Einführung sagen? – Oh Hallo M. Schön, dass Du da bist, ja, ahh, Euthanasie?“ Ääähhm, unangenehm, nicken und lächeln, ich muss mal kurz weiter, Sven sagt jetzt auch gleich was zur Einführung. „PUH.“
Sven Cordes steht in der Tür und hat zwei Zettel in der Hand, er liest aus einem Buch vor. Es geht um Tod. Leider haben die meisten Leute nichts hören können, der Raum war zu voll und vor der Galerie waren zu viele Leute.
„So, die ersten drei Stunden überstanden, Wein, Zigarette, Pause. – Hey B.! Du hast Deine Mutter mitgebracht! Γεια σας κυρία J.“
Es wird immer voller und verrauchter, Menschen strömen aus allen Richtungen.
„Nein, die Asche fällt da nicht raus; in jede Urne kommt noch eine Aschenkapsel, so wie Sie hier sehen können. Susanne Maass hat als einzige eine Aschenkapsel von uns bekommen, da Frau Maass in dieser bestattet werden möchte. … “
Draußen stehen nicht mehr so viele Leute, langsam aber sicher bildet sich ein Kern aus Künstlern und deren Entourage im Nebenraum, ich denke, das wird interessant.
Langsam wird es leerer, Zeit für persönliche Gespräche mit den Künstlern, es sind fast alle gekommen! „Wow! Cool!“ Im Nebenraum wird es eng, persönlich und gemütlich, der Andrang lässt nach, es ist 1:15 Uhr.
„Musik, endlich hört man die Musik!“
Delia Theoklidis, Tom Heider