Überführung aus Krankenhäusern in Zeiten von Covid-19
Zunächst schien es ein normaler Arbeitstag in unserem Bestattungsunternehmen zu werden. Wir wurden mit einem neuen Sterbefall betraut, machten uns also auf den Weg, um den Verstorbenen aus einem Krankenhaus, zwei Stunden entfernt, abzuholen. Doch dann wurde rasch deutlich, dass dieser Fall – wie wahrscheinlich vieles in Zeiten der Corona-Pandemie – anders sein würde, eine Überführung nicht wie gewöhnlich. Neue Aspekte, neue Verhaltens- und Vorgehensweisen, die auch in Zukunft unsere Arbeit prägen würden.
Als Vorsichtsmaßnahme hatten wir keinen Bestatter vor Ort angefragt, die sonst beim Einsargen in entfernten Orten helfen, ich hatte daher meine Kollegin Amrit Jung mitgenommen, da wir sowieso den größten Teil des Tages zusammen arbeiten und somit der Infektionskreis nicht vergrößert wird.
Schnell merkten wir, dass ungewöhnlich wenig los war auf den Straßen, und im Grunde nur Lastkraftwagen zur Versorgung der Städte und Dörfer unterwegs waren. Beim Krankenhaus angekommen stellten wir den Bestattungswagen erst einmal abseits ab, um die Gegebenheiten vor Ort abzuklären.
Beim Erreichen des Krankenhauseingang fielen uns sofort die vielen Mitarbeiter in kompletten Schutzanzügen auf; versehen mit Mundschutz, Brille und Haarhaube, die uns direkt fragten, wie uns denn zu helfen sei. Nachdem das geklärt war, taute die Situation etwas auf und wurde fast ein bisschen freundschaftlich, da es sich bei uns nicht um Kranke oder eventuelle Infizierte handelte.
Ich wurde dann direkt eingewiesen, wo die Verstorbenenhalle mit anliegender Pathologie zu finden sei, während Kollegin Amrit in der Zwischenzeit noch einige Unterlagen unterschreiben musste und dann auf die Todesbescheinigung für das Standesamt wartete. Bei der Verstorbenenhalle angekommen, traf ich auf einen anderer Bestatter und dessen Kollegen, die wie ich auf die Ausgabe eines Verstorbenen warteten. Auch sichtlich angespannt, blickten diese mich an und vermieden jedes Gespräch oder Annäherung.
Dann traf meine Kollegin Amrit ein, und wir konnten mit dem von ihr organisierten Transponder durch die Tür in die Verstorbenenhalle. Dort zogen wir dann unsere Schutzausrüstung an: Mundschutz, Plastikkittel, Handschuhe – und sargten anschließend den Verstorbenen ein. Sicher mit noch mehr Vorsicht und Bedacht als vor der Krise. Keine „normale“ Überführung, das wurde rasch klar.
Auf dem Rückweg waren wir sehr ruhig und nachdenklich. Nach dem Ausladen des Verstorbenen in unserer Verstorbenenhalle und der Desinfektion unserer Arbeitsmittel, endete für uns der in diesen besonderen Zeiten irgendwie länger wirkende Tag.
Textvorlage: Tom Heider
Foto: Henning Scheffen