»Lassen wir es gut sein…« – Bestattung ohne Geld: Wenn Menschlichkeit wichtiger wird als Wirtschaftlichkeit
Manchmal sitze ich abends in meiner Stammkneipe, trinke ein Bier und schaue mich um. Hinterm Tresen steht oft dieselbe Frau – sie zapft, bringt Getränke, räumt Gläser ab. Freundlich, aber müde. Man sieht ihr an, dass das Leben nicht immer leicht war. Was kaum jemand weiß: Sie schuldet uns bei „Friedrich Cordes Bestattungen“ noch Geld – aus einem ganz anderen Zusammenhang. Die Geschichte dieser alleinerziehenden Mutter mit vier Kindern zeigt eindrücklich, wie komplex sich eine Bestattung ohne Geld gestalten kann.
Als der Vater verstarb, standen sechs Geschwister vor der Herausforderung, eine würdevolle Beisetzung zu organisieren, obwohl niemand über die nötigen finanziellen Mittel verfügte. Die Frau, die in einer Kneipe arbeitete, suchte uns bei Friedrich Cordes in Hannover-Linden auf und schilderte ihre aussichtslose Lage: Arbeitslosigkeit, Krankheit und keinerlei Reserven prägten die Familiensituation.
Wir machten einen Termin für den Nachmittag aus, damit auch die anderen Geschwister dabei sein konnten. Um halb zwei saßen fünf Leute im Beratungsraum. Nur einer fehlte: Wilhelm, ihr Bruder. Er war weder telefonisch erreichbar noch auf Nachrichten ansprechbar. Später hörten wir, er sei unterwegs in einer anderen Kneipe „hängengeblieben“.
Wir planten die Bestattung ohne ihn weiter. Ich rechnete so günstig wie möglich, ließ einige Leistungen weg, verzichtete auf vieles, was nicht unbedingt nötig war. Die Situation war eindeutig: Arbeitslosigkeit, Krankheit, zu viele Sorgen, zu wenig Geld – und keinerlei Reserven.
Die Familie entschied sich für eine einfache Seebestattung ohne Begleitung für 2.550 Euro – die schlichteste Form des Abschieds. Am nächsten Tag stand Wilhelm bei uns im Büro. Er bestand darauf, dass der Vater als Mitglied des Schützenvereins eine ordentliche Trauerfeier mit Sarg, Musik und allem Drum und Dran verdient habe.
Die Kostensteigerung war erheblich: Friedhofsgebühren, Trauerhalle, Kühlung, Transport, Orgelmusik und Blumenschmuck verdoppelten nahezu den Gesamtbetrag. Wilhelm setzte sich durch, er verwies darauf, nur eine unwürdige Bestattung verhindert zu haben, während die anderen Geschwister auf die ursprüngliche Vereinbarung pochten. Der Vertrag wurde letztlich geändert, die Feier fand statt – würdevoll, still und gut organisiert. Doch danach: Schweigen. Keiner wollte mehr zahlen. Die Rechnung blieb an der Frau aus der Kneipe hängen.
Der zuständige Gerichtsvollzieher – ein Bekannter – sagte nur: „Ich fahr da hin, aber da ist nichts zu holen.“ Wir hätten es dabei belassen. Aber meine Kollegen meinten: „Vielleicht bewegt das wenigstens die Geschwister zum Handeln.“ Leider blieb jede Hilfe aus.
Vor ein paar Wochen war ich im Blumenladen gegenüber der Kneipe, in der die Frau arbeitet. Ich wollte meiner Frau einen Strauß mitbringen. Als ich aus dem Laden trat, sah ich sie auf der anderen Straßenseite. Sie stand vor der Tür, rauchte, schaute in meine Richtung. Man sah ihr an, dass sie mich erkannt hatte – und dass es ihr unangenehm war.
Ich zögerte kurz, ging dann aber rüber. Noch bevor ich etwas sagen konnte, sagte sie: „Ich weiß, was Sie von mir wollen. Aber ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass Sie in der Kneipe nie ein Wort darüber verloren haben. Das wäre mir unendlich peinlich gewesen.“ Ich antwortete: „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Die Sache ist längst vorbei.“
Diese Begebenheit illustriert ein grundlegendes Dilemma im Bestattungswesen: Würde darf keine Frage des Geldes sein, doch Bestattungsunternehmen müssen auch wirtschaftlich arbeiten. Manche Betriebe haben deshalb Hilfsfonds eingerichtet, in die freiwillige Aufrundungen von Rechnungen fließen. Diese Gelder unterstützen Menschen, die sich eine angemessene Beisetzung nicht leisten können.
Bei Friedrich Cordes Bestattungen ist uns das besonders wichtig: Würde bedeutet in jedem Fall mehr als Geld auf dem Konto. Deshalb bieten wir die Möglichkeit, am Ende der Bestattung die Rechnung freiwillig aufzurunden. Diese Beträge fließen in einen Hilfsfonds, mit dem wir Menschen unterstützen, die sich eine angemessene Beisetzung nicht leisten können.
Auch unabhängig von einem konkreten Sterbefall kann auf unser Spendenkonto eingezahlt werden. Jeder Euro hilft.
Denn was zählt, ist nicht der Betrag auf der Rechnung – sondern der Respekt, mit dem wir einander begegnen. Solche Fälle zeigen, dass Menschlichkeit manchmal wichtiger ist als Bürokratie. Die Entscheidung, auf eine Forderung zu verzichten, entspringt der Erkenntnis, dass sozialer Respekt und menschliche Würde höher wiegen als monetäre Ansprüche. Bestattungsunternehmen übernehmen damit eine gesellschaftliche Verantwortung, die über ihre rein geschäftliche Tätigkeit hinausgeht.
Tom Heider
Foto: fotodrobik / musa