Distanz zu den Menschen – oder: Wie systemrelevant sind Bestatter?
Interview mit Sven Cordes im Deutschlandfunk
Wenn jemand stirbt, ist es ja eigentlich an der Zeit zusammenzurücken, Menschen zu unterstützen, was wir als Bestattungsunternehmen sehr gerne tun. Das größte Problem, das wir momentan jedoch haben, ist die Distanz zu den Menschen. Wir können kaum noch Trauerfeiern durchführen. Sind wir systemrelevant in der Pandemie-Krise? Bei uns in Hannover ist es so, dass die Friedhofskapellen gesperrt sind und eine Beisetzung nur unter freiem Himmel mit maximal zehn Personen stattfinden darf. Da spüren wir eine unglaubliche Hilflosigkeit bei den Betroffenen, die zum emotionalen Verlust hinzukommen.
Leider gibt es zusätzlich ein in vieler Hinsicht noch schwierigeres Thema im Zusammenhang mit der Corona- / COVID19-Krise: Normalerweise ist es ja so, dass die Verstorbenen gewaschen und angezogen werden. Wir bieten in normalen Zeiten an, dass die Angehörigen mit uns zusammen die Verstorbenen Waschen und Anziehen oder auch Abschied nehmen am offenen Sarg. Das ist nun alles nicht mehr möglich und da sind wir wieder bei dem Moment der Hilflosigkeit.
Wir müssen dann sagen „Sorry, es tut uns leid, wir können das nicht“. Jedes Mal wenn man einen verstorbenen Menschen anhebt, bewegt man ja auch den Verstorbenen. Dadurch kann ein Luftstrom entstehen der aus dem Mund oder aus der Nase entweicht. Das sind alles potenzielle Infektionsquellen.
Aber – und das ist das große Problem – wir sind als Bestatter nicht als systemrelevant eingestuft. Das heißt für uns als Bestattungsunternehmen, nicht nur in Hannover, wir konkurrieren mit anderen Käufern um die Schutzmasken, um Handschuhe und Desinfektionsmittel. Das sind unhaltbare Zustände. Wir hatten vorletzte Woche vom Gesundheitsamt Informationen bekommen, dass jeder Verstorbene potenziell als infektiös anzusehen sei. Also, nur weil jemand nicht positiv getestet ist, hat da nichts zu bedeuten – und dementsprechend versuchen wir den Kontakt und die Arbeit mit den Verstorbenen auf ein Minimum zu reduzieren.
Sven Friedrich Cordes
Das ganze Interview gibt es hier um Nachhören