Faszination bis in die Gegenwart: Der prunkvolle Totenkult der Ägypter
In der langen Geschichte der Menschheit finden sich schon sehr früh Rituale um Verstorbene. So weiß man zum Beispiel, dass es selbst bei den Neandertalern Bestattungen und damit auch eine echte Bestattungskultur gab. Der Mumienkult der alten Ägypter ist jedoch zweifellos ein besonders beeindruckendes Beispiel für einen religiösen Totenkult. Die Ägypter glaubten, um auferstehen zu können, müsse die Seele den eigenen Körper nach dem Tod wiedererkennen. Daher wurden durch aufwändige Verfahrensweisen die Toten mumifiziert, um deren Körper vor dem Verfall zu bewahren.
Im Grab wurde die Mumie so aufgestellt, dass die Seelen Ka und Ba wieder in den Körper zurückkehren konnten. Mit verschiedenen persönlichen Gegenständen wurde dann der Sarkophag verschlossen. Direkt vor dem Grab wurde anschließend ein Fest abgehalten, bei dem die Seele des Verstorbenen anwesend sein sollte.
Den teuren Mumienkult konnten sich allerdings auch nur die wohlhabenden Bürger, Priester und Gottkönige leisten. Zur Sicherheit vergrub man aber die Armen in der Nähe der prunkvollen Mumiengräber, damit der „Geist des ewigen Lebens“ auch sie erreichen würde. Der Witz der Geschichte: Die Leichen der armen Leute, die häufig einfach im heißen Wüstensand vergraben wurden, hielten sich oft besser als so manch einbalsamierte Mumie.
Diese und auch andere rituelle Handlungen haben übrigens eine klare Funktion und sind in der langen Geschichte der Menschen wie eine anthropologische Konstante: Einerseits dienen sie dazu, Krisensituationen im Leben zu bewältigen, andererseits stellen sie aber auch einen sozialen Akt innerhalb der Gemeinschaft dar. Sie verschafften Menschen in frühgeschichtlichen Kulturen eine Form der Sicherheit und stabilisierten das soziale Gefüge der Gemeinschaft.
Ägypten als frühe Hochkultur hatte aufgrund seiner sehr intensiven Beschäftigung mit dem Tod einen großen Einfluss auch auf andere Länder und Kulturen. Das Wissen um die Endlichkeit des Menschen war quasi allgegenwärtig und führte im Land der Pharaonen dazu, dass man sich schon zu Lebzeiten intensiv mit dem Tod beschäftigte. Die ganze nordafrikanische Kultur war geprägt durch ihre sehr spezielle und schillernde Vorstellungen von Tod und Jenseits. So entstand jener noch heute sehr sichtbare, äußerst komplexe Totenkult – von Mumien über Pyramiden, der auch Jahrtausende später noch fasziniert. So sehr, dass – gefühlt – jeder fünfte Hollywood-Blockbuster das alte Ägypten und dessen Totenkult zum Thema hat.
Titel-Foto: Konstantin
Foto: Andrea Izzotti